HISTORISCHES BEUEL – BEUELS VERGANGENHEIT

Hier erfahren Sie die Details und Hintergründe zu historischen Ereignissen in Beuel.

WIEDERBEGINN DER BEUELER VOLKSSCHULEN 1945

Wegen der Fliegergefahr wurden am 13.10.1944 alle Schulen in Beuel geschlossen. Sie konnten erst im Herbst 1945 unter schwierigen Voraussetzungen wieder eröffnet werden.

Durch Luftangriffe und durch Beschuss der amerikanischen Artillerie in den letzten Kriegswochen wurden Schulgebäude teils schwer beschädigt. Die Beschaffung von Material, um die zerstörten Gebäude zu reparieren, gestaltete sich sehr schwierig. So fehlte im Oktober 1945 in manchen Schulen noch Fensterglas. Das Schulamt Bonn des Landkreises wandte sich in einem Schreiben vom 12.10.1945 an die Eltern mit der Bitte, eine Fensterscheibe aus der eigenen Wohnung oder das Glas eines Bildes zu spenden. Noch schwieriger war die Beschaffung von Brennstoff zum Heizen der Schulräume. Der Regierungspräsident ordnete an, dass alle Schüler und Schülerinnen täglich unter Leitung ihrer Lehrkräfte Brennholz sammeln sollten. Die Aktion geschah nach Rücksprache mit dem zuständigen Förster und unter dessen Aufsicht.

Große Verdienste erwarb sich in dieser Zeit Rektor Schlaeger von der Schule Agnesstraße, der als Beauftragter für das Beueler Schulwesen , die notwendigen Verwaltungsaufgaben koordinierte.
Er sammelte den Schriftverkehr über den Wiederbeginn der Schule, aus dem wir uns ein anschauliches Bild von der Schulentwicklung Beuels von April bis Dezember 1945 machen können.

Nach dem verlorenen Krieg bestimmte die Militärregierung die Richtlinien für die Schulen. Da ging es zunächst um die Lehrer, die von der Militärregierung die Erlaubnis erhielten, zu unterrichten.
Mitglieder der NSDAP durften zunächst nur unentgeltlich und befristet arbeiten. Sie durften nicht Schulleiter sein und kein dienstliches Schriftstück unterzeichnen. Aus der Mitteilung Nr. 12 des Schulamtes des Landkreises Bonn geht hervor, dass die Fächer Erdkunde, Geschichte und Kirchengeschichte nicht unterrichtet werden durften. Anschauungsmaterial dieser Fächer sollte in Klassenräumen nicht aufgehängt werden. Zu benutzende Schulbücher mussten ausdrücklich von der Militärregierung genehmigt werden, ebenso Liedertexte und Filme.

Im Ganzen bestand Lehrermangel, so dass Lehrer im Ruhestand und verheiratete Lehrerinnen gesucht wurden, die wieder in den Schuldienst eintreten wollten. Ebenso hoffte man, dass Ordensschwestern mit den erforderlichen Qualifikationen bereit wären, Unterricht in den Volksschulen zu erteilen. Nicht wieder eröffnet wurden Hauptschulen, die durch Erlass vom 28.4.1941 in Teilen des deutschen Reiches eingerichtet worden waren. Es waren Volksschuloberstufen, in denen Kinder vom 5. bis 10. Schuljahr nach gehobenen Lehrplänen besonders gefördert wurden.
Die Schüler der Klassen 1-4 gingen Ende August, spätestens im September wieder in die Schule.

Der Wiederbeginn der Volksschuloberstufen gestaltete sich schwieriger, da es an Räumen fehlte. Das Schulamt Bonn-Land suchte schon seit längerem nach Räumlichkeiten. Rektor Schumacher aus Vilich schlug den Tanzsaal der Wirtschaft Lützig in Geislar und den Tanzsaal der Wirtschaft Bungartz in Vilich -Müldorf vor. Entsprechend nannte Rektor Kolfenbach aus Pützchen 4 Tanzsäle, die geeignet wären, allerdings noch mit Materialien der deutschen Wehrmacht besetzt waren.

Zur Einrichtung der Klassen wurden Listen aufgestellt, in denen die hohen Klassenfrequenzen auffallen (teils über 50 Schüler pro Klasse). Die Zahl der Schüler vergrößerte sich durch Kinder aus den deutschen Ostgebieten. Die Paul-Gerhardt- Schule berichtet in ihrer Festschrift zum 100jährigen Bestehen, dass bei Wiederaufnahme des Unterrichts am 10.9.1945 für 118 Schüler 2 Räume zur Verfügung gestanden hätten. Die Militärregierung sorgte sich um den gesundheitlichen Zustand der Schülerinnen und Schüler.

Zahlreiche Schreiben von Rektor Schlaeger haben die Pockenschutzimpfung zum Thema und eine allgemeine ärztliche Untersuchung bei Wiederbeginn der Schulen. Bei der Wiedereröffnung der Volksschulen (Grundschulklassen) war man um eine feierliche Gestaltung des Tages mit Schulgottesdienst, Chor und Ansprachen bemüht. Das Schulamt ließ in den Volksschulen der Stadt Bad Godesberg, der Gemeinde Beuel, der Ämter Bornheim und Duisdorf und Vilipp Grußworte verlesen. Der Text erinnerte zunächst an den letzten Schultag im Herbst 1944, wo noch Kriegsschrecken und Terror der Nazis herrschten. Am Tag der Wiedereröffnung hatte auch die antichristliche Erziehung ein Ende genommen. Gottesdienst und jede Religionsausübung waren wieder möglich und erwünscht. Die Grußworte endeten mit einem Dank an die Alliierten für die Befreiung vom Hitlerregime.

Die Sammlung von Herrn Rektor Schlaeger endet mit dem Mitteilungsblatt Nr. 15 des Schulamtes des Landkreises Bonn vom 14.12.1945. Die Mitteilung enthält recht nachdenklichen Weihnachtswünsche: „ Allen Lehrkräften wünscht das Schulamt in schwerer verantwortungsvoller Zeit ein gesegnetes Weihnachtsfest und das Beste für ein hoffentlich auch für die Schulen gewinnbringendes Jahr“.

Lit.: Sammlung der Korrespondenz von Rektor Schlaeger anlässlich der Wiedereröffnung der Volksschulen 1945.

Text: Hildegund Ferdinand

Die ersten beiden Fotos wurde entnommen: Bonn im Bombenkrieg 1939 – 1945 von Helmut Vogt