HISTORISCHES BEUEL – BEUELS VERGANGENHEIT

Hier erfahren Sie die Details und Hintergründe zu historischen Ereignissen in Beuel.

DR. OTTO SCHÖTTLER, BÜRGERMEISTER IN DER WEIMARER REPUBLIK

Einige ehemalige Beueler Bürgermeister sind auch den heutigen Beuelern noch bekannt, beispielsweise durch eine Straße, die den Namen des ehemaligen Bürgermeisters trägt.

Über Dr. Schöttler ist jedoch wenig berichtet worden. Am 23.6.1919 trat Bürgermeister Friedrich Breuer nach fast 28jähriger Amtszeit in den Ruhestand. Erst am 7.7. 1921 wurde sein Nachfolger Otto Schöttler zum neuen Bürgermeister gewählt.

Wegen der Eingemeindungsbestrebungen der Stadt Bonn riet der Landrat zunächst ab, einen neuen Bürgermeister zu wählen. Bis zum 14.10.1921, als der Notar Otto Schöttler sein Amt als Beueler Bürgermeister antrat, leitete der 1. Beigeordnete und Gemeindebaumeister Heinrich Karnatz die Gemeindeverwaltung.

Schöttler wurde am 25.12. 1881 in Rheinbach geboren. Nach Abschluss seines juristischen Studiums war er im Justizbereich tätig. Seit 1912 arbeitete er als Notar in Herten in Westfalen. Im Juli 1917 trat er die Stelle eines hauptamtlichen Beigeordneten beim Amt Marl an und vom 15.7. 1919 bis 13.10 1921 war er Bürgermeister von Rheda. 1923 promovierte er an der Bonner Universität zum Doktor der Staatswissenschaften. Politisch und wirtschaftlich schwierige Jahre kennzeichnen Dr. Schöttlers Amtszeit. Dazu gehören die Besatzung durch fremde Truppen, die Inflation, die separatistischen Bestrebungen, Wirtschaftskrisen, Massenarmut und der aufkommende Nationalsozialismus.

Auch im Privatleben war es für Dr. Schöttler keine unbeschwerte Zeit. Er litt unter dem Tod seines ältesten Kindes, das 1922 verstarb. (Er und seine Ehefrau Maria, geb. Hölzer, hatten drei Kinder.) Am Ende seiner Amtszeit war er schwer erkrankt und von den Nationalsozialisten nicht gelitten.

Im Elend der Jahre nach dem ersten Weltkrieg trat Dr. Schöttler seinen Dienst als Bürgermeister in Beuel an und mühte sich mit bestem Willen, der nicht endenden Schwierigkeiten Herr zu werden. Da waren 1923 zunächst die separatistischen Bestrebungen, die Loslösung des Rheinlandes vom deutschen Reich. Die Separatisten wurden von der französischen Besatzungsmacht unterstützt. Im Oktober 1923 war die politische und wirtschaftliche Lage sehr instabil.

Der Wert des Geldes fiel ins Bodenlose, auch die Gemeinde Beuel musste eigenes Notgeld in Umlauf bringen. Die Separatisten hielten ihre Stunde für gekommen, um ihre Ziele durchzusetzen. Am 23.10 1922 besetzten sie die Rathäuser von Beuel, Bonn und Godesberg. Eine Woche nach der Besetzung des Beueler Rathauses hissten die Separatisten ihre Fahne auf dem Rathausturm. Das Hissen der Separatistenfahne hatte für Beuel schwerwiegende Konsequenzen. Das Reich stellte die Zahlungen zu den Besatzungskosten und zur Erwerbslosenunterstützung ein, da Beuel vom Reich abgefallen sei.

Die Gemeinde musste für diese Zahlungen eintreten und verschuldete sich hoffnungslos. Dr. Schöttler hatte bei der französischen Besatzung gegen die Besetzung des Rathauses immer wieder protestiert.

Die Bevölkerung beschwerte sich beim Bürgermeister über ein zu passives Vorgehen. Er aber hielt ein besonnenes Handeln für richtig, um Blutvergießen zu vermeiden. Die Unabhängigkeitsbewegung fand bei der Bevölkerung keine Unterstützung. Im November 1923 brach der Putsch mit der Niederlage der Separatisten bei Ägidienberg vollends zusammen.

Die Verhältnisse schienen sich zu bessern. Ab 1.1.1924 sicherte die „Rentenmark“ den Arbeitern einen wertbeständigen Lohn. Die französische Besatzung verließ im Januar 1926 die Gemeinde Beuel. Dr. Schöttler und seine Mitarbeiter bemühten sich, Arbeitsmöglichkeiten für die Bevölkerung zu schaffen: Deichbauten, Baumaßen für mehr Raum für die Gemeindeverwaltung, Straßen-bau, Bau eines Strandbades am Limpericher Ufer, Errichtung eines Ehrendenkmals im früheren Rathausgarten für die Gefallenen des 1. Weltkrieges.

Dr. Schöttler suchte auch Kontakte zu den Beueler Vereinen, z.B. zum Schifferverein. Die Jahre einer langsamen Gesundung wurden durch die Weltwirtschaftskrise 1928/29 beendet. Die Krise wirkte sich auch in Beuel auf die Industrie, den Handel und das Handwerk katastrophal aus. Die Zahl der Arbeitslosen wuchs. Im Januar 1932 war fast jeder dritte Einwohner Unterstützungsempfänger. Hauptaufgabe der Verwaltung wurde die Versorgung der Erwerbslosen mit dem Nötigsten. Bereits 1931 war die Gemeindekasse nicht mehr in der Lage, die anfallenden Zins- und Tilgungsverpflichtungen zu zahlen.

Im Jahre 1932 erkrankte Dr. Schöttler schwer. J. Bücher schreibt in seinem Aufsatz über die Bürgermeister in Beuel, S.30: „Nicht nur ein organisches Leiden machte ihm schwer zu schaffen, auch seelisch litt er aus den verschiedensten Gründen. Am 6.1. 1933 leitete Dr. Schöttler die letzte Sitzung des Gemeinderates. Wenige Wochen später beantragte er seine Versetzung in den Ruhestand. Die Nachricht wurde in der Presse positiv gewertet. Die Beueler Zeitung schrieb am 25.1.1933: „Jedenfalls ging bei der Nachricht vom Rücktritt des Bürgermeisters von seinem Posten ein Aufatmen durch die ganze Bürgerschaft. Man hofft allgemein, dass damit die Bahn frei wird für eine wirkliche Sparpolitik“.

Am 30.1.1933 ernannte Reichspräsident Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Dieser Fakt führte dazu, dass das NS-Regime gewünschte personelle Veränderungen schnell vornehmen konnte. Bereits am 1.2.1933 wurde der Kölner Regierungsassessor Dr. Möller mit der Leitung der Beueler Gemeindeverwaltung beauftragt. Bei den Kommunalwahlen am 12.3.1933 blieb das Zentrum mit 11 Sitzen stärkste Partei in Beuel, die NSDAP erhielt nur 8 Sitze, paktierte aber mit den kleinen Parteien und hatte so die parlamentarische Mehrheit.

In der Sitzung am 18.7.1933 stimmte der neue Rat für den Nationalsozialisten Felix Hausmann als neuen Bürgermeister und wählte den Ortsgruppenleiter der NSDAP Otto Paul Klamp zum besoldeten Beigeordneten und Vertreter des Bürgermeisters.

Dr. Schöttler erlebte das Kriegsende nicht mehr. Er war im 2. Weltkrieg wie andere Pensionäre als Hilfsdienstverpflichteter bei der Stadt Bonn tätig. Am 15.10.44 verstarb er bei einem Bombenangriff im Keller des Bonner Sozialamtes.

Text:
Hildegund Ferdinand

Lit.:

  • J. Bücher: Vom Munizipaldirektor über den Bürgermeister zum Stadtdirektor,
    Studien zur Heimatgeschichte der Stadt Beuel, Heft 2,Beuel 1960
  • I. Schmitz-Reinhard: Das Beueler Rathaus gestern und heute, Studien zur Heimatgeschichte der Stadt Beuel, Heft 4 , Beuel 1962
  • Bonner Geschichtswerkstatt: Die Beueler Seite ist nun einmal die Sonnenseite, Bonn 1999

Bilder:
J. Bücher: Beueler Erinnerungen, Bonn 1995

Repro:
Horst Kollack